Agiler Consulting-Kurs

Wie funktioniert Consulting?

Erfolgreiches Consulting bedarf mehrerer ineinandergreifenden Kompetenzen, die je nach Aufgabenstellung unterschiedlich eingesetzt werden. Das eigentliche Ziel wird vom Kunden am Anfang nicht immer scharf definiert. Aus diesem Grund müssen Berater vielmehr das ursprüngliche Kundenanliegen erst mal verstehen und hinterfragen. Durch einen intensiven Dialog wird das Beratungsproblem dann allmählich definiert und geschärft. Im nächsten Schritt wird die eigentliche Lösung erarbeitet, wobei es sich im Laufe dieses Vorgangs nicht selten erweist, dass die Beratungsaufgabe umdefiniert werden muss. Dieser Umstand sollte schon bei der Projektplanung berücksichtigt werden.

Eine besondere Herausforderung bei der Projektausführung besteht darin, dass die Berater ihr eigenes Bestreben nach Datensammlung im Zaum halten müssen. Sie sollen nämlich nur so viele Informationen aufnehmen, die für die Bearbeitung der Aufgabe nötig sind, im Gegenfall könnte das Projektbudget gesprengt werden.

Wie kann man Consulting lernen?

Consulting eignet sich besonders gut dafür, anhand eines Fallbeispiels agil gelernt zu werden. Wie so ein Consulting-Lernprozess gestaltet werden könnte, zeigt folgendes, einfaches Beispiel:

Firma CityQ aus Norwegen hat ein neuartiges Verkehrsmittel entwickelt: ein exklusives Pedelec auf vier Rädern, elektronisch gesteuert ("drive-by-wire") und dazu mit Wetterschutz (Stichwort "Car E-Bike"). Sie sucht ein Markteinführungskonzept für Deutschland.

Die genaue Zielsetzung - also was der Kunde unter "Markteinführungskonzept" versteht , was soll es beinhalten, welche Voraussetzungen sollen berücksichtigt werden - muss zusammen mit dem Kunden erarbeitet werden. Danach beginnt eine Analyse, die einerseits ein Verständnis des Kunden und seiner Produkte herbeiführt, andererseits auch harte Daten und Fakten bezüglich des Marktpotenzials. Auf dieser Basis soll das Markteinführungskonzept erarbeitet und erfolgreich präsentiert werden.

Das Beratungsteam hat während des Lernvorgangs folgende Kompetenzziele:

  • Teambuilding: es wird davon ausgegangen, dass die Teammitglieder vorher niemals in dieser Konfiguration zusammengearbeitet hatten. Sie müssen erst ein operatives und kompetentes Team bilden. Das umfasst sowohl die Teamstruktur, den Zusammenarbeitsmodus, Tools und Prozeduren, als auch eine Kenntisnahme und entsprechende Zuordnung der schon vorhandenen indiviuduellen Kompetenzen.

  • Projektplanung: das gilt insbesondere für die Definition und Zuordnung der Arbeitspakete, die Ressourcenplanung und die Zeitplanung. Das Beratungsteam soll ja imstande sein, die Projektergebnisse rechtzeitig zu liefern.

  • Verhandlung: über den Inhalt und Umfang des Beratungsprojektes wird mit dem Kunden verhandelt. Das Beratungsteam muss den Kunden von der Richtigkeit der Vorgehensweise überzeugen.

  • Ist-Analyse: hier geht es darum, aus einer vielzahl von verfügbaren Methoden der Marktanalyse diejenigen auszuwählen, die am besten zielführend sind, um eine ausreichend tiefgreifende Ist-Analyse durchzuführen. ("Ausreichend" bedeutet, dass der Detaillierungsgrad der Beratungsaufgabe angepasst ist.) Die Teammitglieder sollten zwar mit den gängigsten Analysemethoden (z.B. Potters "Five Forces") schon einigermaßen vertraut sein, sie müssen aber lernen, die mithilfe der ausgewählten Methoden erarbeiteten Ergebnisse in eine schlüssige Ist-Analyse zusammenführen.

  • Kreative Konzepterstellung: das Beratungsteam soll verschiedene Methoden (z.B. Brainstorming) ausprobieren, um ein Lösungskonzept zu erarbeiten. Damit die Konzeptlogik stimmt, muss das Team seine Ideen immer wieder kritisch hinterfragen.

  • Präsentationskunst: das Beratunsteam soll den Kunden mit dem erstellten Markteinführungskonzept begeistern. Hierbei geht es weniger um eine bildhafte Darstellung (obwohl diese auch eine Rolle spielt), als um die Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit der Argumentation.

Der Lernvorgang wird in dieser Fallstudie mit dem hypothetischen zeitlichen Ablauf des Projektes synchronisiert. Die Interaktion mit dem Kunden geschieht in drei Phasen, wobei jedes Unterelement den Rahmen (oder das vorgegebene Ziel) für einen oder mehrere Lernsprints bilden kann. Der Coach definiert die Reihenfolge und Zielsetzung der jeweiligen Sprints, aber es bleibt immer die Rolle des Teams, das jeweilige WIE zu bestimmen.


Phase 1: Ausgangslage erheben

  • Lernfragen: Was ist die Vision von CityQ? Welche Ziele verfolgt die Firma? Was sind die Alleinstellungsmerkmale des Produktes? Was will die Firma durch die Markteinführung erreichen? Bis wann? Gibt es bestimmte Voraussetzungen oder Vorgaben?

  • Methoden und Tools: Strategische Analyse (z.B. VMOST), Hinterfragen der Kundenaussagen (z.B. "Five Why´s")

  • Lernziel: Ein umfassendes Verständnis der Kundenziele und der Ausgangslage zu entwickeln, um das Beratungsprojekt zielgemäß definieren und abgrenzen zu können.

Phase 2: Stärken und Schwächen bewerten

  • Lernfragen: Wie reif ist CityQ für sein Vorhaben? Welche Stärken und Schwächen hat das Produkt? Kann die Firma mit ihrem Produkt die festgesetzten Ziele erreichen?

  • Methoden und Tools: SWOT-Analyse, GAP Analyse.

  • Lernziel: Die realistische Startposition des Kunden und des Produktes erfassen, analysieren und beschreiben zu können.

Phase 3: Marktanalyse durchführen

  • Lernfragen: Gibt es in Deutschland Marktpotenzial für das Produkt von CityQ? Bei welchen Zielgruppen? Wie belastbar sind die Informationen? Welche Konkurrenz gibt es in Deutschland für CityQ? Welche Trends können den Markt in Deutschland, in der EU oder auch weltweit beeinflussen?

  • Methoden und Tools: Analysen des externen Umfeldes (PESTLE, "Five Forces" von Porter), Anforderungsanalyse für die ermittelten Marktsegmente ("Job to be done" - Christensen, Elemente des Business Canvas von Osterwalder).

  • Lernziel: Das Marktpotenzial des Kunden einschätzen und optimale Marktsegmente identifizieren zu können.

Phase 4: Markteinführungskonzept entwickeln

  • Lernfragen: Welche Bausteine soll das Konzept enthalten? In welchem Detaillierungsgrad? Welche grundsätzliche Strategie soll verfolgt werden? In welchen Marktsegmenten? Wie soll das Konzept effektiv und überzeugend dem Kunden vorgestellt werden? Wie wird Feedback vom Kunden gesammelt und eingearbeitet?

  • Methoden und Tools: Wertangebot definieren, Kunden segmentieren, Monetarisierungsmodelle entwickeln, Umsetzung planen (Elemente des Business Canvas von Osterwalder, Projektmanagement-Methodik), Präsentationstechnik.

  • Lernziel: Ein integriertes Markteinführungskonzept entwickeln, strukturieren und präsentieren zu können.